Menu
Menü
X

Glaube in Krisenzeiten

Drei Krisen belasten uns gegenwärtig: Klima, Corona, Krieg. Düstere Aussichten. Für mich fühlt es sich so an, als liege eine Last bleischwer auf unseren Herzen und auf unserem Gemüt. Immer wenn ich denke, „jetzt müsste doch der Tiefpunkt erreicht sein, jetzt müsste es doch wieder aufwärts gehen“, folgt die nächste schlechte Nachricht. Schlimmer geht immer.

„Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis.“

Psalm 118, Vers 18

Bei diesem Vers denke ich an die Opfer und die Angehörigen des Krieges in der Ukraine.

Die Frage „Wie kann Gott das zulassen?“ drängt sich auf, führt aber, wie fast immer, in die falsche Richtung. Eine sinnvolle Antwort erhalten wir nur auf die Frage „Wozu kann uns diese Erfahrung dienen?“ – Aber kann in diesem vorsätzlichen und menschenverachtenden Morden ein Sinn stecken? Ich kann keinen erkennen!

Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Opfer, die trauernden Angehörigen und die Flüchtlinge empfinden könnten, dass Gott sie nicht fallen lässt, nicht dem Tode preisgibt. Aber ich denke, sie fühlen sich wie gestorben. Eine solche Erfahrung führt uns an die Grenze von „Sein oder Nichtsein“. Es geht buchstäblich um Leben und Tod. Wahr ist nicht, was objektiv erklärbar ist, sondern was sich für mich als richtig und schlüssig erweist. Wie wahr ist also das Bekenntnis, dass Gott mich nicht dem Tode preisgibt?

Wir kommen gerade von Ostern her, dem Fest der Auferstehung. Die Auferstehung wird uns nur glaubwürdig, wenn wir sie in unserem Leben schon andeutungsweise erlebt haben. Das bezieht sich auf die Rückkehr ins („normale“) ­Leben. Das ist ja auch die Sehnsucht in der Corona-Pandemie seit nunmehr über zwei Jahren.

Rückkehr ins Leben, wie kann sie gelingen? Wenn tiefe Verzweiflung und Niedergeschlagenheit in neue Lebensmöglichkeiten münden. Es braucht Mitgefühl, Begleitung durch andere Menschen, Gelegenheiten, die eigene Belastung und Traurigkeit auszusprechen und zu verarbeiten, in Trauergruppen, im Freundeskreis, in der Familie, aber auch unter Glaubensgeschwistern in der Gemeinde, über lange Zeit.

Die Rückkehr in ein Leben, das eine neue Perspektive, neue Hoffnung und gestärktes Zutrauen in den Schutz Gottes ­bietet – wie eine Auferstehung aus totenähnlicher Leichen­starre. Wer sich daraus errettet fühlt, singt von der Macht ­Gottes, einer Leben schaffenden und Leben erhaltenden Macht.

„Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen.“

Psalm 118, Vers 21

 Jede Errettung aus Angst und Not, jede Erfahrung des Beistands Gottes führt zur Erleichterung, zum Jubel und zur Dankbarkeit. Jede dieser Erfahrungen ist eine kleine Auferstehung mitten im Alltag unseres Lebens.

Jesus hat den Menschen seiner Zeit solche Erfahrungen ermöglicht: die Heilung von einer Krankheit, die Auferweckung des Lazarus von den Toten, die Resozialisierung des Zöllners Zachäus oder die Rechtfertigung der Sünderin sind beispielhaft geschehen, damit wir erkennen, dass Jesus auch an uns so handelt. Niemand muss sich mit seiner Krankheit abfinden, niemand muss am Tod eines lieben Angehörigen verzweifeln, niemand muss sich mit Anfeindungen und Ausgrenzung abfinden, weil der Glaube an den Auferstandenen neues Leben ermöglicht. Wer das erfahren hat, spricht das Bekenntnis zu Jesus Christus:

„Der Stein, den die Bauleute ­verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.“

Psalm 118, Vers 22

Lernen wir aus den Krisen? – Ich hoffe es. Denn die dritte Krise – der Klimawandel – wird uns noch länger begleiten.

Ihr Pfarrer Frank Dönges


top